Viele Bürger kamen zum Hausflohmarkt – Gemeinde lud zur Besichtigung und Flohmarkt ins „Kloster-Richter-Haus“


Nordansicht mit Kriegerdenkmal

Auf große Resonanz stieß die Einladung der Gemeinde am Samstag zur Besichtigung des wohl ältesten Wohnhauses im Ort, dem Klosterrichterhaus oder Oberhaus der früheren Klosterverwalterfamilie Streber am Kirchenweg 3, welches bis zum Verkauf an die Gemeinde im Jahr 2017 zuletzt von der Familie Stapfner bewohnt wurde. Die Besucher kamen gleich zur Öffnung am Vormittag zahlreich und nutzten die Gelegenheit das markante und herrschaftliche Gebäude zu besichtigen. Die Schränke waren weit geöffnet und sämtlicher Hausrat war in Regalen und Tischen aufgebaut und konnte erworben werden. Von zehn Uhr vormittags bis um drei Uhr am Nachmittag waren Bürgermeister Johannes Birkner, Gemeinderäte und Helfer anwesend, um mit den Leuten ins Gespräch zu kommen und Anregungen und Ideen für eine künftige Nutzung des Hauses zu eruieren. Auf einem Tisch waren Vorschlagszettel ausgelegt, die in einem Korb gesammelt wurden.

Die Besucher konnten Vorschläge für die künftige Nutzung machen.

Bewirtet wurden die Gäste mit Kaffee und Kuchen, den man bei herrlichem Sonnenschein und wunderbarem Blick von der hoch gelegenen Terrasse über den Ort genießen konnte. Der eigentliche Kirchenweg führte durch den Klosterbauhof über eine sehr steile Treppe auf der Ostseite der Kirche direkt zum Friedhofseingang. Auf Wunsch des Klosters wurde dieser Aufstieg um 1950 weiter nördlich verlegt, sodass die Fischerei direkt angebunden war und der Klosterbauhof nicht mehr betreten werden musste. Vielen älteren Besuchern war das Haus auch noch als Arztpraxis von Dr. Stapfner bekannt, gleich im Eingangsbereich waren das Wartezimmer und das große Behandlungszimmer untergebracht. Aufgrund der Klostergründung im Jahre 1296 und der damit verbundenen stetigen juristischen Vertretung durch Richter und Amtsdiener, durfte an Stelle des heutigen Klosterrichterhauses bereits eine Vorgängerbehausung gestanden haben. In der  Hofmark Niederviehbach des Augustinerinnen-Klosters Niederviehbach wurde nämlich die „Niedere“ Rechtsprechung und die juristische Verwaltung durch einen Klosterrichter durchgeführt. Das jetzige Gebäude erscheint durch die Hanglage mit einem zwei Meter hohen südöstlichen Fundament um ein weiteres Stockwerk höher. Auf alten Stichen besteht die Bausubstanz der Aufstockungen aus massiven, handgehauenen Balken, die erst um 1960 mit Dämmplatten versehen und verputzt wurden. Im Dachgeschoß sieht man eine weitere Aufstockung, ebenfalls mit handgehauenen Holzbalken, die vermutlich um 1900 ausgeführt wurde. Dieser so gewonnene Raum diente zur Unterbringung von Dienstmädchen und war dann Stauraum für den Nachlass der streberischen Familie.

Ein weiterer einmaliger Hausteil ist eine überdachte Holzbrücke in den früheren Strebergarten, die über die Totengasse führt. Der heute neu bebaute Strebergarten war mit einer umfassenden Mauer eingefasst, mit einer großzügigen Terrasse gegen Süden ausgestattet und am südöstlichen Ende mit einem Eck-Pavillon versehen. Dieser diente als kleine Kapelle. Laut Erzählung wurde diese hauptsächlich vom Weihbischof von Streber, der meistens seinen Urlaub hier in Niederviehbach verbracht hatte, genutzt. Vor dem Verkauf der Klosterrealitäten wurde in diesem Garten eine Remise mit Pferdestallung und Kutscherwohnung erbaut. Als letzter Klosterrichter hatte Aloys von Streber die Abwicklung der Klosteraufhebung im Jahre 1803 auszuführen. Im Zuge des Verkaufs des Klostervermögens erwarb dieser die Klosterrealitäten Bauhof, Wockahof und Hattenhof mit dem Klosterrichterhaus und den sich im unteren Klostergarten befindenden drei kleinen Blockhäusern, dem Amtmann-, dem Gerichtsdiener- und dem alten Schulhaus. Fortan diente nun das Klosterrichter-Haus als Stammwohnung der Streberischen Familie, die aufgrund der vielfältigen Verdienste des Alois Strebers mit dem „Von -Titel“ geadelt wurde. Das Haus gelangte in den Jahren 1920-25 durch Erbe und Ablösung von Rechten der übrigen Miterben in den Besitz der Familie Stapfner. Sybille Stapfner (* 1913, + 1996) ließ die alte Tradition eines gemeinsamen Familienbesitzes wieder aufleben und vermachte das Oberhaus allen ihren Kindern. Die letzten Besitzer bis 2017 waren die Töchter Elisabeth, Sigrid und Silvia. Letztendlich gelangte nun das älteste Wohngebäude des Ortes in den Besitz der Gemeinde Niederviehbach und wartet jetzt auf eine neue, dem Gebäude angemessene Nutzung.