Gemeinsam auf Überholspur – Das Viehbachtal ist seit 50 Jahren vereint
Rund 50 Jahre ist es her, dass ein wichtiger Zusammenschluss mit Oberviehbach erfolgte, der die Gemeinde in der heutigen Größe ergab. Die Initiave kam aber nicht unbedingt von den Beteiligten selbst. Hintergrund war nämlich die Gebietsreform in Bayern. Verschiedene Gruppen aus Politik, Verwaltung und Wissenschaft vertraten die Meinung, dass sich seit den 1950er Jahren die Lebensverhältnisse im ländlichen Raum Bayerns stark gewandelt hätten. Die Bürger hätten nun gestiegene Ansprüche an die Verwaltung. Auch seien die öffentlichen Aufgaben deutlich ausgeweitet worden, was besonders kleine Gemeinden mit ihren wenig geschulten Verwaltungskräften und den ehrenamtlichen Bürgermeistern überfordern würde.
Die finanzielle Ausstattung der Landgemeinden sei zu gering und die Lebensverhältnisse im ländlichen Raum müssten verbessert werden, denn die Bürger hätten ein Recht darauf, überall auf dem Land den städtischen gleichwertige Lebensbedingungen vorzufinden. Unausgesprochen sollte damit auch der Abwanderung vom Land in die Städte entgegen gesteuert werden. Mit diesen gleichwertigen Lebensbedingungen waren Bildungseinrichtungen wie Kindergärten und Schulen, Versorgungssysteme für Wasser und Abwasser, Sportstätten oder auch Verkehrsinfrastrukturen gemeint.
Bei den Landkreisen stellten sich die Reformer nach Untersuchungen zur optimalen Größe dieser Gebietskörperschaften eine Einwohnerzahl von 80 000 vor. Eigenständige Gemeinden sollten mindestens 5 000 Einwohner haben, Mitgliedsgemeinden von Verwaltungsgemeinschaften mindestens 1 000 Einwohner. Die Verwaltungsgemeinschaft sollte ein Zusammenschluss benachbarter kreisangehöriger Gemeinden werden. Im Gegensatz zur Einheits- oder Gesamtgemeinde – beides Begriffe für eine Gemeinde, die im Zuge der Gebietsreform andere Gemeinden eingemeindete – blieben die Mitgliedsgemeinden einer Verwaltungsgemeinschaft rechtlich und politisch eigenständig und behielten Bürgermeister und Gemeinderat. Bei der Gemeindegebietsreform stand vor allem die Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung im Vordergrund. Es sollten daher so große Gemeinden gebildet werden, dass diese in der Lage wären, ihre Grundausstattung mit den vorhandenen personellen und finanziellen Mitteln selbst tragen und effizient nutzen zu können. Freiwillige Zusammenschlüsse waren daher die Möglichkeit, Eingriffe von übergeordneten politischen Ebenen vorzubeugen.
Niederviehbachs Bürgermeister Ferdinand Krenn und Bürgermeister Johann Baumgartner aus Oberviehbach bereiteten mit ihren Gemeinderäten den Zusammenschluss auf freiwilliger Basis zum ersten Januar 1971 vor. Bis zum Juni 1972 tagten beide Gemeinderäte gemeinsam im damaligen Rathaus im Klosterbauhof. Am 11. Juni 1972 wurde bei den Kommunalwahlen der erste gemeinsame Gemeinderat unter Vorsitz von Bürgermeister Ferdinand Krenn gewählt Die Argumente der Reformer und die versprochenen Fördermittel für die Kommunen sind aber nicht immer aufgegangen – auch die sparsame Gemeinde Oberviehbach konnte in finanzieller Hinsicht leicht mit dem größeren Partner mithalten. Die Situation der später eingemeindeten Gemeinden war also beileibe nicht so problematisch, wie das von Seiten der Reformer oft dargestellt wurde, um die Eingemeindungen zu rechtfertigen.
Auch die von den Reformern kritisierten Zweckverbände, zu denen sich viele größere wie kleinere Gemeinden gerade für die Trinkwasserversorgung oder die Abwasserentsorgung zusammengeschlossen hatten, wurden durch die Gebietsreform nicht obsolet. Die zentrale Wasservorsorgung im Zweckverband mit Adlkofen wurde damals errichtet und der Ausbau der der Ortsstraßen, der Kanalisation und die Errichtung der Kläranlage waren erste Projekte der jetzt größeren Gemeinde, die heute die kleinste selbstverwaltete Gemeinde im Landkreis ist, erinnert sich Franz Wagner der damals neu in den Gemeinderat gewählt wurde. Neben dem Verlust der Eigenständigkeit bestand wie auch andernorts die Befürchtung, dass sich die eingemeindeten Orte weniger entwickeln würden und die Gemeinde hier nur noch ihre Pflichtaufgaben erledigen würde. Wichtige Einrichtungen aber nur mehr im Hauptort weiterentwickelt werden würde. Das in den 1960er Jahren von der Gemeinde Oberviehbach errichtete Schulhaus am Blaichberg hat über die Jahre einige Änderungen erfahren.
Nach der Gründung des Schulverbandes mit Loiching wurde dort der Kindergarten untergebracht und es traf viele Oberviehbacher hart, als dieser dann nach Niederviehbach verlagert wurde. Heute als Feuerwehr- und Vereinshaus umfunktioniert erfüllt es aber nach wie vor einen öffentlichen Zweck. Mit dem Erwerb der zentralen Flächen der ehemaligen Brauerei und Anlage des Dorfplatzes hat die Gemeinde in Oberviehbach eine weitere öffentliche Fläche geschaffen. Während andernorts keine weitere Entwicklung erfolgte, hat die Kommune schon mehrfach Baugebiete auch in Oberviehbach ausgewiesen. Aktuell weist die Gemeinde neue Bauplätze im Baugebiet Kirchblick aus. Über Jahrzehnte gelang es in manchen Fällen nicht, die Bürger zu einer Einheit zusammenzuführen. Manche Kommunen kämpften Jahrzehnte, um ihre kommunale Eigenständigkeit wieder zu erlangen. Gemeinsame Schulbesuche oder sportliche Aktivitäten schafften Brücken genauso wie ein Geh- und Radweg zwischen Nieder- und Oberviehbach, so dass heute auch bei den Bürgern die wichtige Verbindung zu einer funktionierenden Gemeinde als gut gelungen betrachtet werden kann.
Auch das Vereinsleben ist seit Jahrzehnten lebendig und aufgrund des guten Zusammenhalts im Dorf bezeichnete der verstorbene Niederviehbacher KSK-Ehrenvorstand Josef Rohr Oberviehbach auch scherzhaft als „gallisches Dorf“. Während Oberviehbach als Grafschaft eher bäuerlich geprägt war, ist die Geschichte von Niederviehbach eng mit dem Kloster verbunden. Die Bewohner beider Orte verbindet aber ihre Herzlichkeit und ihre Aufgeschlossenheit für Besucher und Neubürger. Mit der Widmung eines weiteren Standesamtes auf Initiative von Tanja Lange und dem früheren Bürgermeister Josef Daffner im privat genutzten ehemaligen Pfarrhof ist in jüngerer Zeit sogar wieder ein Amt nach Oberviehbach zurückgekommen. Überwunden sind auch die Schwierigkeiten die man in einer 1978 durch die Bayerische Staatsregierung verordnete, kurzzeitige Verwaltungsgemeinschaft mit der Nachbargemeinde Loiching hatte. Heute arbeiten die Gemeinden in der Jugendarbeit und mit den Schulen eng zusammen.